Der Unschuldige
Ich kauerte mich in der warmen, weichen Dunkelheit zusammen, wie immer, wenn ich aus einem tiefen Schlaf erwachte. Mein gemütliches Nest schwankte leicht, wie jedes Mal, wenn ich mich bewegen wollte. Diesmal schwankte es etwas stärker, was mich aus meinem ruhigen Schlaf aufschreckte. Neugierig blinzelte ich umher, aber es war immer noch die gewohnte verschwommene Dunkelheit um mich herum. Na sieh mal an… nichts Besonderes – dachte ich und streckte meine langen, schlanken Beine aus. – Hmm… das hat gutgetan. Aber in letzter Zeit fühlt sich mein Zuhause definitiv zu eng an. Ich erinnere mich, dass es am Anfang sogar erschreckend geräumig war. Ich konnte kaum von einer Wand zur anderen sehen. Jetzt stoße ich bei jeder Bewegung gegen irgendetwas. Das ist unfair!
Auch dieses ständige Schaukeln. Mir wird fast übel von all diesem Schaukeln. Hallo!… ich bin nicht mehr müde. Hmm… keine Antwort – ich piekte vorsichtig die weiche Wand meines Zimmers, woraufhin die Welt noch mehr zu wackeln begann. Diese ganze Bewegung wurde fast beängstigend. – Oh… Hör… auf… da…mit. – Schon konnte ich meine eigenen Gedanken nicht mehr verstehen. Die Geräusche von der Wand wurden immer tiefer und lauter, während das Wackeln zunehmend unangenehm wurde. Ich bekam ein wenig Angst. Das war definitiv etwas Neues. Sowohl die Angst als auch das Ruckeln. Ich wusste nicht so recht, was ich damit anfangen sollte, aber meine Aufmerksamkeit wurde schnell von einer weiteren Kuriosität abgelenkt. Eine Blase erschien vor meiner Nase. Sie war nicht groß. Nur so eine alltägliche Blasengröße. – Was ist das für ein Wahnsinn und was macht es in meinem Zimmer? – Dann erschien eine weitere Blase, etwas unter der ersten, und beide begannen langsam nach oben zu wandern. Das Seltsamste daran war, dass die Blasen sich gleichmäßig und ruhig nach oben bewegten, während das Zimmer um mich herum unablässig zuckte, als ob sie nicht in dieser Welt wären, sondern aus einer parallelen Dimension hindurch sichtbar wären. Die monotonen Geräusche, die von außen hereindrangen, wurden schärfer und schmerzvoller. Es war fast so, als käme es aus der gesamten Wand. Natürlich spürte ich, dass es von der Decke kam. – Mein Kopf platzt. Ich will Ruhe!! – Plötzlich hörte ich neben dem bisherigen Geräusch ein merkwürdiges knisterndes anderes Geräusch. Es war definitiv aufgeregt, was zumindest eine gewisse Abwechslung neben dem schmerzhaften Kreischen darstellte. Das Wackeln meines Zimmers machte mich immer nervöser. Am Ende stürzt alles auf meinen Kopf. – Hilfe! – was wird jetzt aus mir?
Die Antwort kam schnell und erwies sich als furchterregend. Eine ganze Menge Blasen begann nach oben zu schweben. Sie kamen unaufhaltsam immer wieder. Und dazu wurden sie immer größer. Das Problem war nur, dass sie nicht verschwanden, sondern begannen, sich an der Decke genau über meinem Kopf zu sammeln. Tatsächlich, je mehr und größere Blasen auftauchten, desto mehr bildeten die bisherigen eine große Einheit. – Oh je. Das Ding wird immer größer, je mehr Blasen es nähren. Aaaah. Und wegen ihm ist immer weniger Platz für meinen Kopf. – Ich hatte große Angst. Ich hatte bisher so friedlich in diesem Raum gelebt. Niemand hatte diese Veränderung verlangt. Ich verstand die Sache nicht, aber ich war entschieden dagegen. Inzwischen hatte sich das Ruckeln ohne Übergang in ein Stoßen verwandelt. Die Wand hinter mir machte eine plötzliche Bewegung und stieß mich mit unglaublicher Kraft an. – Lass… mich… in… Ruhe! – schrie ich gegen die Wand, aber natürlich erzielte ich keine Wirkung. Die Wand stieß nur weiter, die Blasen kamen weiterhin. Auf der einen Seite die Wand, über meinem Kopf die vielen Blasen. – Das ist eine Verschwörung! – wütend wurde ich. Dann bemerkte ich, dass die Blasen durch einen großen Spalt im Boden kamen, den ich vorher wegen meiner Beine nicht bemerkt hatte.
Oh!…Fasst mich nicht an! – schrie ich mit zitternder Stimme vor Angst. – Ich bin unschuldig!…
…Wie ein neugeborenes Lamm.